Naturschutz und Rohstoffabbau – verträgt sich das?
Seit der Mensch existiert, entnimmt er der Natur Rohstoffe, um sie für sich zu nutzen. Die ältesten Gruben sind mehr als 30.000 Jahre alt und waren gerade mal 2 m tief. Feuerstein wurde dort abgebaut. Feuerstein war damals sehr begehrt. Man konnte ihn zu scharfkantigen Werkzeugen verarbeiten… Wenn wir uns ansehen, welche Rohstoffe heute begehrt sind, läßt sich feststellen: in den vergangenen 30.000 Jahren ist viel passiert.
- Wir wohnen nicht mehr in Höhlen… sondern in mehrstöckigen Häusern mit elektrischem Licht und WLAN rund um die Uhr… Unsere Ansprüche sind gewachsen.
- Deutschland ist dicht besiedelt. 80 Millionen Menschen wollen mit Rohstoffen versorgt werden.
- Die meisten Rohstoffe warten nicht in 2 m tiefen Gruben darauf, eingesammelt zu werden: Rohstoffgewinnung ist aufwändig und teuer… und immer ein Eingriff in die Natur.
Das stellt die Rohstoff-Branche vor große Herausforderungen – zum Beispiel, wie man den Abbau nachhaltig gestalten kann. Nur leider erlebt man Naturschutz und Rohstoffabbau häufig als „zwei Lager“, die sich gegenüberstehen. Die eine Seite betrachtet den Abbau von Sand, Kies, Kalkstein oder Ton als rücksichtslosen Raubbau an der Natur. Die andere Seite empfindet die Bedenken des Naturschutzes als engstirnige Blockade.
Und jetzt bringen Sie die beiden Seiten mal an einen Tisch… Das erinnert an die Ehe… Wer miteinander auskommen will, muss Kompromisse eingehen. Und dazu gehört es, sich bei Meinungsunterschieden zu überlegen: Wie könnte ich auf den anderen zugehen? In welchem Punkt könnte ich mich bewegen? Und nicht darauf warten, dass sich er der andere zuerst bewegt
Bereit sein, sich zu bewegen, darauf kommt es an!
Auf dem Rohstoff-Workshop am 7. März 2019 in Berlin ging es nun darum, gemeinsam nach Lösungen für eine nachhaltige Rohstoffgewinnung zu suchen. Baustoff-Verbände und Naturschutz-NGOs, Gewerkschaften, Wissenschaftler und Politikvertreter auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene zeigten mögliche Perspektiven auf und kamen in einer Podiumsdiskussion miteinander ins Gespräch.
So sind verlassene Abbau-Halden keineswegs nur als zerstörte Natur zu betrachten. Wir vergessen gern, dass solche kargen Landschaften wertvolle Lebensräume für jene Arten sind, die durch die intensive Landwirtschaft vertrieben wurden. Unzählige Tier- und Pflanzenarten brauchen keine nährstoffreichen Böden sondern genau das Gegenteil: sie siedeln sich nur auf trockenen und mageren Böden an. Und deshalb ist selbst ein alter Steinbruch ein Paradies für seltene Arten.
Nicht nur für das Publikum – auch für mich – waren die Vorträge von Prof. Michael Rademacher von der TH Bingen und Johannes Ennsle vom NABU Baden-Württemberg eine große Bereicherung. Sie zeigten an konkreten Beispielen, wie Naturschutz-Vertreter und Abbau-Betriebe mit spannden Projekten die biologische Vielfalt fördern können. Oder würden Sie in einem Steinbruch eine Urzeit-Weide für Taurus-Rinder erwarten? Dieses Projekt auf der Schwäbischen Alp bei Blaubeuren ist durch die Zusammenarbeit zwischen dem NABU Baden-Württemberg und dem Baustoff-Riesen HeidelbergCementein entstanden!Prof. Michael Rademacher bildet an der TH Bingen Umwelt-Ingenieure aus.
Fazit des Rohstoff-Workshops
Mit Vorurteilen kommt man nicht weiter. Es kommt vielmehr darauf an, gemeinsam zu überlegen, was machbar und sinnvoll ist.