Deutsche Freundlichkeit im internationalen Vergleich
Wir Deutschen attestieren uns selbst, nur mittel-freundlich zu sein. In einer weltweiten Studie („World Social Capital Monitor“) wurden 30.000 Menschen aus 141 Ländern befragt, wie freundlich sie sich einschätzen. Die Deutschen gaben sich auf einer Skala von 1 bis 10 eine 6,9.
Warum sind wir häufig so abweisend und unfreundlich zu unseren Mitmenschen?
Der Straßenverkehr und die sozialen Netzwerke sind beste Beispiele dafür, wie gereizt manche durch’s Leben gehen. Hauptsache, man ist der Erste an der (roten) Ampel. Hauptsache, man ist (vermeintlich) im Recht.
Im Internet achten unzählige Administratoren und Moderatoren darauf, dass in den Kommentaren die allgemeinen Umgangsregeln eingehalten werden. Der Internet-Knigge trägt den schönen Namen „Netiquette“. Auf den Straßen regelt die „Straßenverkehrs-Ordnung“ das Miteinander. Auch hier lautet die oberste Grundregel: „gegenseitige Rücksicht“.
„Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ (StVO)
Verantwortung & Rücksichtnahme
Und da stehen sie: die zwei Schlüsselwerte für das Zusammenleben auf unserer Welt. Verantwortung und Rücksichtnahme. Jeder sollte für das eigene Handeln Verantwortung übernehmen und sich anderen gegenüber rücksichtsvoll verhalten.
Wenn Sie irgendwo in einem abgeschiedenen Winkel leben, können Sie auch am Sonntagmorgen mit dem Laubbläser Ihre Einfahrt freipusten – und bis weit nach Mitternacht laut feiern. Ist ja kein Nachbar in der Nähe, den’s stört. Wo dagegen viele Menschen aufeinandertreffen, ist man rücksichtsvoll. Wenn Sie beispielsweise mit dem Auto in einer Einbahnstraße unterwegs sind, und vor Ihnen fährt ein Radfahrer, an dem Sie nicht vorbeikommen, müssen Sie halt hinterherzuppeln. Der Radfahrer kann ja nichts dafür, dass Sie’s eilig haben. Vielleicht haben Sie Glück, er ist gut drauf und lässt sie vorbei.
Die Freundlichkeiten-Kette
Wussten Sie, dass Sie selbst dazu beitragen können, die Häufigkeit solcher netten Momente zu erhöhen? Es gibt ein verblüffendes Experiment aus der Psychologie, dass Sie ohne viel Gedöns nachmachen können. Und das geht so:
Geben Sie einem Fußgänger einfach mal den Vortritt, wenn sich Ihre Wege kreuzen. Auch wenn Sie’s gar nicht müssten. Der Fußgänger wird überrascht sein. Er hat ja nicht damit gerechnet. Dank Ihrer netten Geste ist dieser Fußgänger jetzt „positiv geladen“. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er dem nächsten Menschen, der ihm begegnet, auch etwas Nettes tut. Vielleicht gibt er dem nächsten Radfahrer oder Autofahrer den Vortritt. Einfach aus Freundlichkeit.
Solche zufälligen Gesten der Freundlichkeit („random acts of kindness“) wurden in Experimenten untersucht. Und es konnte bestätigt werden, dass sich ihre Wahrscheinlichkeit um das Vierfache erhöht, wenn derjenige kurz zuvor eine zufällige Nettigkeit erfahren hat.
Zeit für mehr Freundlichkeit
Ein wenig mehr Freundlichkeit würde uns allen guttun. Das ist der Grund, weshalb ich das 7. Kapitel der „Freundlichkeiten-Kette“ gewidmet habe. Wir sollten jeden einzelnen Tag unseres Lebens viel mehr wertschätzen.
Wenn Sie in einer ruhigen Minute mal auf die vergangenen Jahre zurückblicken, werden Sie feststellen, wie schnell die Zeit vergangen sind. Das weltweit gefeierte Millennium liegt schon 25 Jahre zurück. Die hässliche Mauer, die Ost und West teilte, fiel vor 35 Jahren. Und vor 80 Jahren endete der 2. Weltkrieg. Ich bin Jahrgang 1969. Als ich geboren wurde, lag der 2. Weltkrieg gerade mal 24 Jahre zurück. Als Kind erschien mir das Jahr 1945 unfassbar lange her. Aus heutiger Sicht sind 24 Jahre nichts. Ich bin so dankbar, nie einen Krieg erlebt zu haben, wie meine Großeltern.
Zeit ist ein kostbares Gut. Gnadenlos schreitet sie voran, egal, was passiert. Also machen wir das Beste aus unserem Leben. Die Freundlichkeiten-Kette hilft dabei. Probieren Sie’s mal aus!